Eine der Überraschungen bei der Deutschen Meisterschaft im Kanu-Rennsport war der Sieg von Conrad Robin Scheibner (Foto rechts) über die Olympische 1.000 m Distanz. Der neue deutsche Meister hat sich dabei gegen die dreimaligen Olympiasieger Sebastian Brendel (Foto links), der über Jahre diese Disziplin auf nationaler und internationaler Ebene dominierte, durchgesetzt. Zum Teil wurde schon von einer Wachablösung gemunkelt. Der entthronte deutsche Meister sah seinen zweiten Platz jedoch ganz gelassen: „Heute hier bin ich mit Abstand Zweiter aber das war jetzt nicht mein Höhepunkt hier. Momentan stehen eher Regeneration und Familie im Vordergrund. Conrad Scheibner ist da vorne weggefahren und wir haben uns hinten ein Bisschen schwer getan.“
Vom 7.-9. August 2020 fand auf der Regattastrecke in Duisburg Wedau die Einer-Deutsche Meisterschaft im Kanurennsport statt. Mit nur 170 Sportlern gingen im Vergleich zum Vorjahr deutlich weniger Sportler an den Start, normalerweise sind es rund 1000 Sportler. Grund hierfür ist die Corona-Pandemie, durch welche der Wettkampf unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne Mannschaftsboote stattgefunden hat.
Am Freitag den 07.08.20 fanden eine Vielzahl an Vorläufen statt, bei welchen sich die Sportler für die Finals qualifizieren mussten. Diese wurden dann am Samstag den 8.8 ausgefahren, mit einer ganz besonderen Leistung.
Bei den Damen gab es einige überraschende Krankmeldungen, weshalb Größen wir Steffi Kriegerstein, Sabrina Hering-Pradler und Tina Dietze nicht an den Start gehen konnten. Ihr Chance witterte die deutlich jüngere Jule Hake für sich und gewann gleich den K1 über 500m und 200m. Die junge Sportlerin aus NRW hat damit eine herausragende Leistung gezeigt und könnte mit Blick auf Olympia auch eine nicht wichtige Rolle Spielen. Ihr Geheimrezept sei das viele Training und der freie Kopf, denn zum ersten Mal sei es ihr gelungen an sich selber zu glauben.
Der Doppelsieg gelang auch Lisa Jahn, der bereits erfahrenen Canadierfahrerin, über 500m und 200m gewann sie deutlich vor ihrer Konkurrenz. „Ich freue mich über jeden DM-Titel, dieses Jahr ist der Wettkampf nochmal mehr Wert als in den letzten Jahren. Mir fehlen aber die Familie und Trainingskollegen zum anfeuern.“
Als schnellste Boote auf dem Wasser, gingen die Herren Leistungsklasse Fahrer an den Start. Über die 1000m Königsdisziplin gewann der Potsdamer Jacob Schopf vor seinem Weltmeister K2 Partner Max Hoff. Überglücklich erklärte er sich in dem starken Feld, dass auch bei einer WM starten könnte, zu dominieren. Trotzdem trauerte er dem verschobenen Olympia-Traum hinterher. Trotzdem sieht er in diesem Jahr ein „Jahr der Chancen“ und sieht der Herausforderung noch besser zu werden positiv entgegen.
Über 200m gelang es Sebastian Rauhe zu gewinnen, damit fuhr er seinen 72. Sieg ein. Eine großartige Leistung. Hinter ihn gelang es zwei eher jüngeren Sportlern ins Ziel zu fahren, Jonas Dräger belegte den 2. Platz und Moritz Florstedt Platz Drei.
Karl Hauck- DKV-Ressortleiter Kanu-Rennsport
Bis jetzt läuft es vom Ablauf her sehr gut. Ein bisschen ungewohnt ist die eigentliche Leitungsrolle hier auf dem Gelände, die man sich zweiteilt. Und man doch nicht weiß wer ab und zu das größerer Sagen. Aber ich glaube momentan bin ich da mit Dr.Jens Karl als Sportdirektor sehr gut gefahren. Für das was möglich war, besonders wenn man sieht was in Deutschland möglich ist, haben wir glaube ich hier einiges erreicht. Und auch unsere Athleten sind sauber mit an Board.
Wir versuchen gerade mit Hilfe der Medien zu argumentieren. Wir stehen noch mehr im Fokus, wir müssen noch mehr unsere Sportart und unseren Spaß an der Sache präsentieren. Dadurch können wir natürlich erreichen das nochmal bewusster zu machen und das hier auch sauber durch zu leben. Ich glaube bisher gab es hier wenig Hinweis-Notwendigkeit als bei vorangegangenen Veranstaltungen. Wir haben mittlerweile in Deutschland eher das Gedankengut lässig oder teilweise fahrlässig zu werden. Vielleicht kann man auch das Signal nach draußen senden: Spaß haben am Sport aber momentan weiterhin mit genügend Sorgsamkeit und Verantwortung, auch für die Anderen.
Tim Bechthold (Karlsruhe): Sieger 200m Junioren
Das war eine neue Situation, weil 200 Meter sind eigentlich gar nicht meine Strecke. Dass ich das jetzt gewonnen habe sind einfach nur Glücksgefühle ohne Ende. Bei den Temperaturen ist es einfach nur eine Qual die 1000 Meter da herunter zu fahren, aber da müssen ja alle durch.
Also heute Abend ist noch das 1000 Meter Finale, da versuche ich auch nochmal gut anzugreifen.
Morgen dann alle 500m Strecken, dann ist es erstmal vorbei und dann schaue ich wie es weitergeht.
Wiebke Glamm (Neubrandenburg): Siegerin K1 200m Junioren
Es ist hier wirklich anders als bei einer normalen DM, weil die Besucher fehlen und die Eltern die auch alle. Dadurch das es der erste Wettkampf in diesem Jahr ist, ist es schwierig zu glauben das es der Höhepunkt sein soll.
Man ist sehr angespannt, weil man in diesem Jahr noch keinen Wettkampf hatte und bei den ersten Rennen überhaupt nicht weiß wo man steht. Und wie die anderen trainiert haben. Also ich fand die Anspannung größer als sonst aber dieses Drumherum das fehlt mir. Mein Vater ist mit hier, weil noch ein Fahrer gebraucht wurde und alle Infos kommen sonst in die Familiengruppe, da der Rest ja nicht mitkommen durfte.
Also ich bin überglücklich, dass das hier geklappt hat wie ich mir das vorgestellt habe. Es ist natürlich enormer Druck da, dadurch das ich die letzten Jahre gewonnen habe. Da war es immer wieder aufs Neue sehr viel Druck und ich wollte es ja auch verteidigen. In der Vorbereitung auf das Rennen merkt man die Hitze sehr, aber bei mir war es so sobald ich an der Startlinie gestanden habe, habe ich nichts mehr von der Hitze gemerkt. Ich war einfach im„Tunnel“ und bin da runter gefahren.
Ich bin glücklich dass wir dieses Jahr noch einen Wettkampf hatten bzw. Durch diesen Wettkampf einen haben. Wieder spüren gegen andere zu fahren, auch aus anderen Vereinen und sich enlcih wieder messen zu können.
Isabelle Zanin (Potsdam): Siegerin C1 200m Damen
Die Hitze merkt man beim Rennen tatsächlich gar nicht. In der Vorbereitung schon, aber da halten wir uns hauptsächlich im Schatten auf.
Das ist ein schwieriges Jahr für uns alle und ein großes Durcheinander. Ich bin Zufrieden mit der Leistung. In der Zukunft möchte ich natürlich Anschluss an die Leistungsklasse bekommen.
Kampfrichterin Marion Graf:
Es ist viel ruhiger, es ist wirklich entspannter und organisierter. Also erstmal haben wir hier keinen Publikumsverkehr, weil ja die ganzen Abmeldungen, Ummeldungen, Streichungen, Bootsumbesetzungen in Mannschaftsbooten würden ja alle hier ankommen, das fällt alles weg, deswegen ist das hier eigentlich ziemlich ruhig. Abmeldungen gehen sowieso nur noch morgens bis 8 Uhr, neue Anmeldungen gehen ja gar nicht mehr, deswegen ist das relativ easy.
Der Anspruch ist natürlich höher, wenn man hier die unterschiedlichen Bootsklassen hat aber da wir mit Sportlern sowieso nicht so viel zu tun haben, sondern eher mit den Trainern und co. Ist das von der Arbeitsweise schon angenehmer. Sonst stehen hier auch vier riesen Drucker und die laufen die ganze Zeit. Da gibt es eine Hitze und diesen Elektroschock und diese Co2 oder was da sonst noch alles raus dünstet, das fällt alles weg und das ist auch deutlich angenehmer. Und wir haben auch den Anspruch papierlos zu sein, weil direkt Kontakte ja gerade vermieden werden sollen, durch Corona. Das funktioniert aber nicht, weil es wollen immernoch welche etwas auf die Hand haben und dann haben wir natürlich ein Problem, weil wir hier nur so zwei uralt-Drucker haben, weil wir ja eigentlich gar nicht mehr da hin wollen. Und dann haben wir hier noch so einen alten Kopierer gekriegt
Aber ganz ohne Papier geht es einfach nicht, glaube ich. Denn wenn du jetzt draußen stehst, auf den Booten zum Beispiel, können die Leute auf den Booten auf dem Handy niemals sehen und hochscrollen, wer jetzt startet, das funktioniert nicht ohne Papier, oder die müssten so Tablets haben, aber die dürften ja auch nicht nass werden.
Wir haben aber richtig Probleme genug Kampfrichter zu finden. Zum einen weil die ganzen Älteren sind vorerkrankt und haben vom Arzt gesagt bekommen, sie sollen nicht kommen, Und so viele Junge gibt es nicht. Vielleicht war das auch zu kurzfristig.
Jakob Schopf (Potsdam): Sieger K1 Herren 1000m
Scherzt: Es war super langweilig und ich musste gar nichts machen.
Der Sieg ist eine Ehre für mich. Ich habe letztes Jahr schonmal den Titel gewonnen und bin froh das ich den Titel verteidigt habe,. Sonst ist es ein Weltklasse Feld, es könnte auch ein WM Endlauf sein. Tom hat letztes Jahr den Einer auf der Streck gewonnen. Max Hoff hat 2018 den 2. gemacht. Ich glaube eine größere Auszeichnung als auf dem Feld zu gewinnen, gibt es bei uns quasi gar nicht.
Es war eingeteilt, so wie ich es fahren wollte, wir haben ein Bisschen Gegenwind gehabt, deswegen muss man auch gucken, dass man hintenraus noch Körner hat. Gerade da Tom seinen typischen Endspurt noch zieht. Kontrolliert und einfach war es auf jeden Fall nicht, da war schon viel Taktik mit dabei.
Der Wettkampf hat auf jeden Fall dafür gesorgt, dass es keine tote Saison geworden ist. Jeder Sportler trainiert, trainiert, trainiert und will natürlich irgendwann mal seine Leistung zeigen. Wenn man dann irgendwie die Absage kriegt von Olympia und irgendwie alles ins Wasser fällt, dann ist das erstmal ein krasser Schicksalsschlag, ich glaube das war ja auch in der ganzen Gesellschaft vertreten. Die ersten Wochen waren super hart. Dann haben wir uns irgendwann, vor allem auch durch die strake Trainingsgruppe bei uns, gefangen und weitergemacht. Das ganze als das „Jahr der Chance“ genommen. Man sieht an den Zeiten und an den Werten, dass wir auf jeden Fall weitergemacht haben, die Füße nicht stehenlassen haben. Und nächstes Jahr machen wir es einfach noch besser als wir es dieses Jahr gemacht hätten.
Also ganz wichtig ist natürlich 1000 Prozent Spaß, weil ohne Spaß ist der Sport auch langweilig.
Ganz ohne Zuschauer ist das hier aber nicht, Durch die ARD und alle möglichen Kameras, die hier sind, ist es quasi eine Live-Übertragung wie bei der WM. Ich habe viele, die mir geschrieben haben, dass sie live dran sind. Aber ich sage mal man macht es nicht nur für die Zuschauer sondern auch für seinen sportlichen Ehrgeiz.
Ich hätte lieber den Sieg vor 2 Tagen gehabt Tausende Kilometer weit weg, als diesen hier aber jetzt können wir alles dafür geben, dass wir nächstes Jahr noch mehr Spaß haben.
Martin Hiller (Potsdam): 3. Platz K1 1.000m
Ich hatte eine große Knieverletzung und bin deswegen länger ausgefallen. Das hat meine Motivation etwas gedrückt aber ich bin noch stärker wieder aufgestanden. Auch durch meine Trainingskollegen haben mich motiviert und jetzt bin ich froh das alles so geklappt hat. In der „toten“ Saison einen Wettkampf zu haben ist das wichtigste.
Max Hoff (Essen): 2. Platz K1 1.000m
Das ist natürlich Schade, dass hier kein Nachwuchs ist. Es wäre natürlich cool wenn man für den Nachwuchs auch da wäre. Wir wissen ja auch genau, dass sie jetzt gerne die Rennen von uns anschauen würden. Und auch wenn das erst nächstes Jahr wieder ist, wünschen wir auf jeden Fall alles Gute und bei den folgenden Rennen, die sie jetzt in kleinerem Rahmen haben werden.
Sebastian Brendel (Potsdam) : 2. Platz C1 1.000m LK
Wir hatten ja relativ viel Zeit uns damit abzufinden, dass wir nicht zu den Olympischen Spielen fahren, dass keine normale Deutsche Meisterschaft stattfinden und wir keinen Weltcup machen. Von daher ist es ein Test von bisher 3 die wir jetzt hatten mit dem DKV. Mit der Bilanz kann ich zufrieden sein. Beim ersten Test bin ich eine gute Zeit gefahren, beim Zweiten habe ich gewonnen. Heute hier bin ich mit Abstand zweiter aber das war jetzt nicht mein Höhepunkt hier.
Momentan stehen eher Regeneration und Familie im Vordergrund.
Conrad Schreibner ist da vorne weggefahren und wir haben uns hinten ein Bisschen schwer getan.
Conrad Scheibner (Berlin): Sieger C1 1.000m Herren LK
Also es ist für mich immer etwas ganz besonderes gegen Sebastian zu fahren, weil er mein absolutes Idol ist. Auf dem Weg zu Olympia wird mein Weg nicht an ihm vorbei führen und das war schon ein besonderes Erlebnis, an ihm vorbei zu fahren. Es ist dann immer etwas besonderes gegen das eigene Vorbild zu fahren.
Man rechnet damit, dass Basti immer etwas auspackt und er ist ja für seinen Endspurt immer bekannt. Ich weiß aber auch, dass ich selber sehr stark bin. Ich habe so im Rennen mitbekommen, dass man im Feld wegfährt. Man hört eigentlich bei BAsti auch, er hört sich ein Bisschen wie eine „Eisenbahn“ an, wenn er auf einmal raus komm. Das habe ich nicht gehört und dann wusste ich, du hast Vorsprung. Das gibt auch nochmal mehr Selbstvertrauen und mehr Kraft.
Ich will in Tokyo den C1 fahren und habe größten Respekt vor der Leistung von Sebastian aber ein harter Kampf wird das in jedem Fall noch. Die Saison macht entgegen aller Befürchtungen Spaß. Sebastian ist klar noch der Favorit, aber ich der Herausforderer und der Sieg hier ist ein toller Schritt.
Ich finde es schade, dass die Zuschauer nicht dabei sind aber mit dem Livestream hat man doch ein gutes Angebot geschaffen.
Für die 500 Meter morgen bin ich guter Dinge, dass da ein guter Platz rauskommt. Ich habe aber auch Respekt vor den Gegnern.
Die DM ist der Saisonhöhepunkt und es ist schön das sie in größerem Rahmen mit den Junioren und dem erweiterten LK Fahrer Kern stattfinden kann.
Ronald Rauhe (Potsdam): Sieger K1 200m Herren LK
Der DM Titel ist etwas besonderes und hat eine große Bedeutung. Es ist schade für den Nachwuchs, das er nicht hier sind kann. Und auch die Familie würde gerne mal bei einem Wettkampf wieder dabei sein. Aber lieber ohne Zuschauer fahren als gar nicht zu fahren. Es ist nichts ungewohntes gegen die anderen Sportler des K4 zu fahren.
Peter Kretschmer(Leipzig): Sieger C1 200m Herren LK
Dadurch das alles schwierig ist dieses Jahr habe ich nicht das Feeling von den letzten Jahren auf einer DM. Es ist eher eine Pflichtveranstaltung für mich. Wir sind oft in Duisburg, aber mit einer Nummer und dem Trikot ist es dann doch etwas Anderes. Es ist schwer durch die Absage der Olympischen Spiele.
Alle geben sich hier Mühe und mit dem Livestream und Kommentatoren ist es schon besser als im Training. Trotzdem bin ich nicht zufrieden mit meinem Rennen. Ich weiß woran es liegt und werde weiter daran arbeite.
Jule Hake (Lünen): Siegerin K1 über 200m und 500m
Nach den 500m:
Ich konnte mein eigenes Tempo durchfahren und as hat wirklich toll geklappt. Ich hätte nicht gedacht das ich so schnell bin und so weg fahre.
Mein Geheimrezept ist viel Training und irgendwie ist seid Corona der Knoten bei mir geplatzt. Das liegt daran, dass ich an mich glaube. Der Kopf ist das größte Hindernis und daran hat es die letzten Jahre immer gelegen, dass es nicht so toll läuft. Und jetzt ging es um nichts und hat gut geklappt.
Lisa Jahn(Berlin): Siegerin C1 über 200m und 500m
Nach den 500m: Ich freue mich über jeden DM-Titel, dieses Jahr ist der Wettkampf nochmal mehr Wert als in den letzten Jahren. Mir fehlen aber die Familie und Trainingskollegen zum anfeuern.
Mein Traum von Olympia ist noch da und ich werde auch nicht daran denken das er nicht wahr werden kann.
Foto: Ute Freise